8 Jubiläum Bock | Dienstag, 4. Juni 2024 Bock | Dienstag, 4. Juni 2024 9 Jubiläum «Wir lieben unsere Trouvaillen-Suche für den Felsenkeller» Der Felsenkeller ist in Schaffhausen eine Institution. 40 Jahre gibt es die Weinhandlung in der Schaffhauser Altstadt nun schon. Was es dafür braucht und warum gerade die letzten Jahre vor dem Jubiläum herausfordernd waren, erzählt der neue Geschäftsinhaber im «Bock». TRADITION SCHAFFHAUSEN Claudia Riedel Wenn Malcolm Dastur durch die Regale seines Felsenkellers geht, sprudeln die Geschichten aus ihm heraus wie der Schaumwein aus der Flasche. Der Weinhändler erzählt von damals, als er mit seinem Mountainbike zur Finca Rio las Arcas in den argentinischen Anden radelte. «Oben angekommen, war ich recht aus der Puste.» Kein Wunder: Mit knapp 3000 Metern über Meer gehört der Rebberg des Weinguts Adentro zu den höchsten der Welt. Den richtigen Riecher haben Ein paar Schritte weiter zeigt Malcolm Dastur stolz auf den Prieler im Regal. Ein naturvergorener Wein aus Österreich, den man in der Schweiz exklusiv vertreibe. «Der Felsenkeller hat ihn entdeckt und plötzlich wurde er in den renommiertesten Fachzeitschriften besprochen und weltweit nachgefragt», so der Weinkenner. Darum gebe es ihn jetzt nur noch flaschenund nicht mehr kistenweise zu kaufen. Oder den Champagner Caillez Lemaire, den der Felsenkeller beim Weinjournal «Falstaff» ins Rennen brachte und der sofort in die drittbeste Gruppe der Jahrgangschampagner gekürt wurde. «Mehr als ein Dankeschön gabs vom Weinproduzenten dafür zwar nicht», lacht Malcolm Dastur. Für den Felsenkeller sei es aber Insgesamt sind 80 Prozent des Sortiments im Felsenkeller Eigenimporte. eine Bestätigung, dass man den richtigen Riecher habe. «Und natürlich erfährt ein bekannter Wein auch mehr Nachfrage.» Was wiederum gut fürs Geschäft ist. Die Geschichte des Felsenkellers Das Geschäft gibt es schon 40 Jahre. Den Anfang der Geschichte des Felsenkellers schrieb jedoch ein anderer. Thomas Meier fuhr 1984 mit seinem Döschwo nach Frankreich und knüpfte erste Kontakte zu Weingütern. Über die Jahre wurden es immer mehr, das Geschäft wuchs und so auch die treue Kundschaft. Der Laden zügelte von der Sporren- an die Vordergasse. Die Weingüter blieben dem Felsenkeller treu. Inzwischen wurden jedoch die ersten Winzer von der nächsten Generation abgelöst. Vor rund zwei Jahren war es auch im Felsenkeller so weit. Thomas Meier übergab die Leitung an Malcolm Dastur und Pascal Müller. Ein grosser Schritt für alle Beteiligten. «Thomas hat schlicht gefehlt» Viele scheitern an einer Unternehmensnachfolge. Und auch Malcolm Dastur räumt ein: «Hinter uns liegt ein sehr turbulentes Jahr.» Obwohl er bei Geschäftsübernahme schon seit über zehn Jahren im Hintergrund für den Felsenkeller tätig war. «Der Wechsel an die Front war schwer. Thomas hat schlicht gefehlt.» Zudem hätten er und sein Geschäftspartner, Pascal Müller, der sich hauptsächlich den strategischen Zielen widmet, den Aufwand unterschätzt. Der Felsenkeller war als Hobby gedacht. Beide arbeiten noch in anderen Berufen. Doch aufgeben war keine Option. «Pascal und ich haben ein klares Bekenntnis zum Felsenkeller abgegeben. Wir wollen das Erbe von Thomas Meier weiterführen.» Eine Neuerung steht an Inzwischen sei man wieder gut aufgestellt. «Wir haben ein tolles Team und ich kann auch wieder Arbeit abgeben.» Und man sei daran, einen dritten Partner ins Boot zu holen. Wer es ist, wird noch bekanntgegeben. Nur so viel: «Man kennt ihn in Schaffhausen und er wird uns sicher weiter befruchten.» Das erklärte Ziel: «Dass es uns die nächsten 10 bis 30 Jahre noch gibt.» Unzählig sind die Flaschen in den Regalen des Felsenkellers. Darunter finden sich über 100 verschiedene Weine aus der Region Schaffhausen. Aktuell plant die Weinhandlung ein eigenes Fass mit Markus Ruch aus Neunkirch. Jubiläumsfeier im Felsenkeller Vom 6. bis zum 8. Juni feiert der Felsenkeller sein 40-jähriges Jubiläum. An den drei Tagen sind verschiedene Produzenten aus Frankreich, Italien, Spanien und natürlich Schaffhausen an der Vordergasse 37 zu Gast. Neben einer Degustationsreise werden Häppchen aus dem Kundelfingerhof geboten. Auf Geburtstagskinder, die ebenfalls den 40. feiern, wartet eine Überraschung. Eine Anmeldung ist erwünscht. Mehr Informationen unter felsenkeller-sh.ch. (cr.) Malcolm Dastur und Verkaufsleiter Eric Kalt bei ihren Schätzen im Naturkeller. 80 Prozent des Sortiments sind Eigenimporte. Bilder: Claudia Riedel Der Wandel des Weins Malcolm Dastur, Geschäftsführer des Felsenkellers, kennt den Geschmack des Schaffhauser Weinliebhabers. Was heute im Handel zählt und wo man noch Nachholbedarf hat, erzählt er im «Bock.» WEINKONSUM SCHAFFHAUSEN Claudia Riedel «Bock»: Wird Wein heute anders konsumiert als vor 40 Jahren? Dastur: Definitiv. Früher ging es um Tradition. Der Weinkonsum war auf bekannte Namen ausgerichtet. Beispielsweise Alain Brumont, der sich seinen Ruf erwirtschaftete. Die Generation der 60- bis 90-Jährigen freut sich noch immer über diese Traditionsweine. Doch inzwischen sind sie bereit, etwas Neues auszuprobieren. Woher kommt das Umdenken? Dastur: Oftmals durch die eigenen Kinder. Sie fragen nach, wie der Wein hergestellt wurde. Das erleben wir auch an unseren Weinseminaren. Die jüngeren Teilnehmer wollen viel über Herkunft und Herstellung wissen. Die älteren wollen lieber einen schönen Apéro geniessen – was natürlich auch nicht verkehrt ist. Die jüngere Generation mag auch keinen zuckrig-schweren Amarone mehr. Der Trend geht zu frischen und nachhaltigen Weinen. Wie naturnah ist denn der Felsenkeller? Dastur: 60 bis 70 Prozent unserer Weine sind Bio-Weine. Dabei sind uns Labels wie Demeter und Co. weniger wichtig als der Respekt vor der Natur. Uns geht es um das Terroir und die Geschichte. Wir wollen keine Massenware und nicht austauschbar sein. Ist Exklusivität also Ihr Geheimrezept? Dastur: 80 Prozent unseres Sortiments sind Eigenimporte. Wir besuchen kleine Weingüter, die tausende Kilometer weit entfernt sind. Die Pflege des Sortiments ist dabei genauso aufwändig wie die Organisation des Transports. Natürlich wäre es einfacher, über grosse Weinhändler zu bestellen. Aber wir lieben unsere Trouvaillen-Suche. Sie macht die DNA des Felsenkellers aus. Manchmal liegt das Gute auch nah. Wie hat sich der Schaffhauser Wein über die Jahre entwickelt? Dastur: Ganz ehrlich: Vor 30 Jahren waren Schaffhauser Weine zum Teil nichts Besonderes. Das waren einfache Pinot Noir. Doch inzwischen haben wir in Schaffhausen hervorragende Winzer. In unserem Gewölbekeller haben wir über 100 verschiede Weine aus der Region. Mit den Produzenten sind wir stark verbunden. Aktuell machen wir mit Markus Ruch aus Neunkirch ein eigenes Fass Wein. Das gibt dann etwa 300 exklusive Flaschen. Wie wichtig sind solche neuen Projekte? Dastur: Wir sind ein Kleingewerbe und die Grossen haben die Übermacht. Hinzu kommt, dass die Altstadt oft ausgestorben ist. Darum müssen wir innovativ bleiben. Was haben Sie noch geplant? Dastur: Wir sind jeweils sehr präsent am First Friday. Wir öffnen regelmässig unsere Flaschen für die Kunden und es gibt wöchentlich Neues zu probieren. Unser Online-Angebot wollen wir weiter ausbauen. Beispielsweise mit Kochrezepten aus unserem Team, welche auf unsere Weine abgestimmt sind. Im Felsenkeller wollen wir mehr Begegnungen zwischen Winzern und Kunden schaffen. Mit den Winzern sind wir in regelmässigem Austausch und hoffen auch dort auf Neuschöpfungen. Und auch eine Kooperation schliessen wir in Zukunft nicht aus. Wo sehen Sie in Schaffhausen Nachholbedarf? Dastur: Im Offenausschank in den Restaurants. Ich finde, man dürfte ruhig auch mal einen teuren Wein offen anbieten. Zürich ist uns da schon voraus, das Ausland sowieso. Kürzlich trank ich in Florenz im Restaurant einen sensationellen Wein im Offenausschank. Schaffhausen ist hier vergleichsweise stiefmütterlich unterwegs. Würden Sie eigentlich auch einen Wein bei Coop kaufen? Dastur: (lacht) Das kommt tatsächlich ab und zu vor. Gerade kürzlich, als ich spontan im Bündnerland war. Ich war einerseits überrascht vom Angebot, anderseits enttäuscht, wie beliebig die Weine waren. Dem Grosshandel fehlt der Mut zu Aussergewöhnlichem. Umso schöner, sind unsere Kunden bereit dafür. Malcom Dastur zeigt sein Sortiment: «Uns geht es um das Terroir und die Geschichte. Wir wollen keine Massenware und nicht austauschbar sein.» Der Prieler ist ein naturvergorener Wein aus Österreich. Der Felsenkeller vertreibt ihn exklusiv.
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